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Leitartikel


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"Partizipative Forschungsmethoden mit Karen Kindern und Jugendlichen im Hochland von Chiang Mai – ein Forschungsbericht"

Autor/in: Pia Maria Jolliffe

(22.03.2017)
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Ich freue mich über die Gelegenheit, in Der Wiener Psychoanalytiker meine Erfahrung mit partizipativen Forschungsmethoden mit den Karen zu beschreiben und hoffe auf interdisziplinären Gedankenaustausch zu dem Thema. Es würde mich zum Beispiel interessieren, wie Psychoanalytiker die Zeichnungen ([siehe Abbildung 1] Die Autorin dankt ihrem Vater, Franz Vogler, für die technische Bearbeitung der Zeichnungen) der Kinder im Fließtext deuten würden. Ebenso wäre es wichtig zu erfahren, was Ethnopsychoanalytiker zu den Karen und ihrer kulturellen Symbolik zu sagen haben.

Als  Sozialwissenschafterin an der Universität Oxford arbeite ich seit mehr als zehn Jahren mit dem Volksstamm der Karen. Die Karen leben vor allem im Hochland von Ost-Burma und Nordwest-Thailand. Aus wirtschaftlichen und kulturellen Gründen haben sie eine marginalisierte Position in der thailändischen Gesellschaft: zunächst leben die meisten Karen als Reisbauern im Hochland von Nordwestthailand wo es nur bedingte Möglichkeiten gibt, Geld durch Handel oder Dienstleistungen zu verdienen. Obwohl viele junge Karen eine Zeit in städtischen Bereichen verbringen um Geld zu verdienen, lebt der Großteil doch in ländlichen Gegenden und hat weniger Einkommen als die Mehrheitsbevölkerung. Kulturell unterscheiden sich die Karen von der Thai Bevölkerung da sie eine eigene Muttersprache haben und ihr Alltagsleben von anderen Höflichkeitsformen geprägt ist, als es bei der Mehrheitsbevölkerung üblich ist. Die Karen tragen auch eine andere Tracht als die Thais und essen andere Speisen. Im praktischen Alltag kommt es jedoch immer wieder zu Überschneidungen der Thai und Karen Kultur, nicht zuletzt da die Karen Kinder in staatliche Schulen gehen, wo Thailändisch gesprochen wird.

Für meine Doktorarbeit im Fach „Internationale Entwicklung“ habe ich insgesamt 12 Monate in dem Karen-Dorf Huay Tong in der Provinz Chiang Mai verbracht und unterschiedliche Übergänge im Leben der Kinder und Jugendlichen studiert. Um die Übergänge im Alltag, im Jahreskreis und im Lebenslauf besser zu verstehen, habe ich mit partizipativen Forschungsmethoden gearbeitet. Diese Methoden haben sich in der sozialwissenschaftlichen Forschung mit Kindern und Jugendlichen bewährt. (Christensen and James 2000, 160–178; Crivello, Camfield, and Woodhead 2009, 51-72  ;Groundwater-Smith, Dockett, and Bottrell 2015) Auch in der Medizin und im Gesundheitswesen erwacht das Interesse für diese kreativen qualitativen Forschungsmethoden. (Hockley, Froggatt, and Heimerl 2013; Israel 2012)

Partizipative Forschungsmethoden wurden entworfen, um das “wie” und das “warum?” der empirischen Wirklichkeit zu verstehen, nicht jedoch zu messen. Diese Methoden wurden in der Internationalen Entwicklung eingeführt, um mit Menschen zu arbeiten, die kaum lesen und schreiben können. (Boyden, Jo and Ennew, Judith 1997)  (Chambers 1994, 953-969) In diesen - oft ländlichen – Gemeinden ist vor allem die ältere Generation häufig nicht zur Schule gegangen. Aber auch Erwachsene sowie Kinder und Jugendliche haben zwar oft die Schule besucht, allein es fehlt ihnen an der nötigen Schreib- und Lesepraxis. Dieser sekundäre Analphabetismus hat häufig zur Folge, dass sich die Betroffenen mit schriftlichen Dokumenten, wie etwa sozialwissenschaftlichen Fragebogen, unwohl fühlen, da sie sich schämen nicht ordentlich lesen und schreiben zu können. Hier möchten partizipative Forschungsmethoden helfen, mit alternativen Mitteln, wie zum Beispiel Zeichenpapier und Holzästen, Menschen zum Erzählen ihrer Lebenserfahrungen anzuregen.

Partizipative Methoden werden entweder individuell oder in Gruppen durchgeführt. Die Gruppenübungen eigenen sich besonders wenn man der Frage nach dominanten Perspektiven und Meinungen nachgeht oder sich für kulturspezifische Arten von Diskussion und Darstellungen innerhalb spezifischer Gruppen (wie in meinem Fall der Karen im Hochland von Chiang Mai) interessiert. Die Gruppenarbeit ermöglicht es nämlich zu erkennen, wie Forschungsteilnehmer mit Meinungsverschiedenheiten umgehen bzw. Konsens stiften. (Laws, Harper, and Marcus 2003)

In meiner eigenen Forschung habe ich kollektive partizipative Forschungsmethoden angewandt um die Ansichten von Kindern und Jugendlichen im Alter von 11 bis 14 Jahren besser kennenzulernen. Ich habe mich dafür entschieden, die jungen Leute in je drei Einheiten (im Abstand von je einer Woche) darum zu bitten Mobilitätskarten (mobility maps) ihres Dorfes, Jahreszeitenkalender (seasonal calendar) und Lebenslauflinien (life course lines) zu Papier zu bringen. Auf diese Weise hoffte ich mehr über die Übergänge im Alltag, im Jahreskreis und im Lebensverlauf zu erfahren.

Partizipative Forschung ist sehr dynamisch und erfordert die Konzentration mehrerer Forscher auf einmal. Ich habe daher mit vier Forschungsassistenten zusammengearbeitet. Diese Assistenten waren Studierende der Universität Chiang Mai. Drei von ihnen waren ebenfalls ethnische Karen und verstanden daher die Karen Muttersprache der Kinder. Das war wichtig, um die Diskussionen und Gespräche zu verstehen, die die Kinder und Jugendlichen während des Anfertigens ihrer Zeichnungen führten. Ich habe für die vier Forschungsassistenten ein eigenes dreitägiges Training entwickelt, das in die wissenschaftstheoretischen Grundlagen und in die Praxis der partizipativen Forschung mit Kindern und Jugendlichen einführte. Dieses Training war wichtig um sicherzugehen, dass die vier Forschungsassistenten verstanden, dass es in dieser Art von Forschung darum geht, Kinder und Jugendliche zu Sprache kommen zu lassen und ihre Zeichnungen so zu akzeptieren wie sie es darstellen wollen (anstatt sie zu bitten in vorgegebenen Mustern zu arbeiten). Bevor wir die partizipativen Forschungsübungen starteten, besuchten die Assistenten mit mir das Dorf um die Kinder und ihre Familien sowie die Umgebung kennenzulernen. Ich stellte die Forschungsassistenten den Eltern, den Lehren und dem Dorfpfarrer vor und erklärte ihnen noch einmal wann und wo wir die Forschung durchführzuführen hofften. Auf diese Weise konnten wir sicher sein, dass möglichst viele Verantwortliche der Dorfgemeinschaft von dem Forschungsprojekt wussten, es unterstützten und sich nicht „hintergangen“ fühlten. Die Spaziergänge im Dorf erlaubten es uns auch, mit den Kindern zu spielen und sie einzuladen mit Zustimmung ihrer Eltern an der Forschung teilzunehmen. Die Kinder nahmen schließlich selbst am Rekrutierungsprozess teil. Zum Beispiel, ein 14-jähriges Mädchen stellte mich ihren Freundinnen vor und erklärte ihnen worum es in meiner Forschung ging. Auf diese Weise fanden sich fünf Mädchen und drei Burschen im Alter von 13 und 14 Jahren und drei Mädchen und fünf Buben im Alter von 11 und 12 Jahren.

In einem nächsten Schritt habe ich die Eltern und Lehrer der sechzehn Kinder und Jugendlichen um Zustimmung für die Teilnahme der jungen Leute gebeten. Dafür habe ich eine vereinfachte Version meines Forschungsplans in das Thailändische, die Amtssprache von Thailand, übersetzen lassen. Ich habe Kopien dieser Übersetzung an die Lehrer und Eltern verteilt. Da die Karen wenig mit formellen Dokumenten im Alltag zu tun haben, habe ich – mit Erlaubnis der Ethikkommission der Universität Oxford (Central University Research Ethics Committee -. CUREC) – die Karen Eltern und später auch die Kinder und Jugendlichen um mündliche Forschungseinwilligung gebeten und diese protokolliert. Alle Eltern gaben ihre Zustimmung, manche drückten jedoch eine Sorge bezüglich der zeitlichen Organisation der Übungen an. Die Sorge bestand darin, dass Kinder und Jugendliche während der Regenzeit im Mai und Juni neben der Schule viele Verpflichtungen zum Mithelfen beim Verpflanzen von Reiskeimlingen haben. Ich musste daher alles so organisieren, dass die Gruppenübungen nicht mit der Arbeitszeit der Kinder überlappten. Ich habe auch die Schule besucht und den Schuldirektor und die Lehrer über das Forschungsvorhaben informiert und um ihre Zustimmung angesucht. So entschuldigten die Lehrer die Schüler, die an der Forschung teilnehmen wollten, vom Unterricht. Die Gespräche mit den Lehrern zeigten mir wie unterschiedlich die Ideen für „ein gutes Sample“ sein können: die Lehrer dachten es wäre am besten für mich mit den Klassenbesten zusammenzuarbeiten. In dem Sample, das die Kindern und Jugendlichen kreierten waren jedoch auch Schüler mit Lernschwierigkeiten und solche die sich mit dem Thailändischen schwer taten (jedoch einfach in ihrer Karen Muttersprache sprachen).

So hab ich dann gemeinsam mit den Forschungsassistenten an je einem Freitagvormittag und Nachmittag im Mai und im Juni 2008, die Mädchen und Burschen in vier Gruppen nach Geschlecht und Alter geteilt. Wir haben die Übungen immer mit Eisbrechern, wie Liedersingen, begonnen und genügend Pausen eingeplant, in denen wir den Kinder und Jugendlichen auch eine Jause mit Obstsaft und Süßigkeiten angeboten haben. Dies war wichtig, um die Konzentration der jungen Leute zu halten.

Die Gruppenübungen waren sehr aufschlussreich in Bezug auf soziale Unterschiede innerhalb der Kinder und Jugendlichen. In der Tat, die Durchführung der Zeichnungen zeigten gruppeninterne Rollenverteilungen, z.B. zwischen Kindern die Befehle gaben und solchen die Befehle ausführten. Diese Art von Machtbeziehungen konnte ich auch im Alltag beobachten wenn Kinder in Gruppen im Haushalt, bei der Kohlernte oder am Reisfeld mithalfen. Soziale Unterschiede zwischen Forschungsteilnehmern wurden sichtbar, zum Beispiel wenn Buben aus einem reicheren Haushalt mehr Raum auf dem Papier für sich beanspruchten als Buben aus ärmeren Familien.

Diese Karte [Siehe Abbildung 2] wurde von einer Gruppe von 11 und 12 jährigen Buben gezeichnet. Während des Zeichenablaufes beobachteten wir wie der Junge aus dem reichsten Haushalt am meisten Platz auf dem Papier für sich beanspruchte. Er zeichnete so das Dorf mit seinem Haushalt, gleich hinter der Kirche, im Mittelpunkt. Dadurch ließ er wenig Platz für die anderen Buben, ihre Häuser und Spielplätze zu Papier zu bringen. Erst als der wohlhabende Junge seine Zeichnung beendet hatte, ergriff sein ärmerer Klassenkollege einen Stift und zeichnete in der linken Ecke sein Haus inmitten von Bananenbäumen und mit zwei Wasserbüffeln. Er erklärte uns, dass er gerne in der Früh vor Schulbeginn bei den Bananenbäumen jagen ginge. Als wir seinen reicheren Freund nach seinen außerschulischen Aktivitäten fragten, erfuhren wir, dass er nie jagen ginge, dafür aber mit anderen Kindern vor der Kirche Ball spiele und mit dem Fahrrad durch das Dorf fahre. Ein Fahrrad konnte sich die Familie seines Kollegen nicht leisten.

In den jahreszeitlichen Kalendern stellten Mädchen und Burschen ihre Aktivitäten im Lauf des Jahreskreises dar.

Dieser Kalender [Siehe Abbildung 3] wurde von einer Gruppe 14-jähriger Mädchen entworfen. Wir sehen darin die drei Jahreszeiten in Thailand: die kalte Jahreszeit oben rechts, die heiße Jahreszeit unten in der Mitte und die Regenzeit links. In der kalten Jahreszeit sitzt man um das Feuer, und erntet Reis. Unter dieser Zeichnung sehen wir eine Darstellung des buddhistischen Loi Krathong Festes bei dem lotusförmige Schiffchen aus Bananenblättern (sogenannte krathong) ins Wasser gelassen werden [Siehe Abbildung 4].

Die Schiffchen sind mit Kerzen und Räucherstäbchen geschmückt und die Menschen glauben, dass auch ihre Sünden mit den krathong in den Fluss weggeschwemmt werden. Darunter sehen wir die Zeichnung einer Gruppe von Menschen, die vor einer Bühne stehen. Das ist das Weihnachtsfest, das bei den Karen öffentlich mit Musik und Gesang gefeiert wird. Ich konnte selbst Weihnachten mit den Karen in verschiedenen Dörfern in Thailand und Myanmar feiern und jedes Mal war das Musizieren nach der Heiligen Messe ein fixer Bestandteil der Heiligen Nacht. Als nächstes sehen wir junge Leute in Arbeitskleidung bei der Reisernte am Reisfeld.

Die heiße Jahreszeit wird im Zentrum der Zeichnung dargestellt. Wir sehen junge Menschen am Straßenrand stehen und ein vorbeifahrendes Auto, welches die jungen Leute mit Wasser übergießen wollen. Es ist das drei-tägige Fest Songkran, das Mitte April stattfindet. Songkran bedeutet wörtlich „Übergang“ von einem Jahr in das nächste. Zu diesem Fest werden traditionsweise die Alten verehrt indem die Jüngeren parfümiertes Wasser über die Hände der Älteren gießen und dann von jenen einen Segen erhalten. Das Begießen mit Wasser hat jedoch mittlerweile solche Dimensionen angenommen, dass es während dieser drei Tage zu Wasserschlachten in der Stadt und auf dem Land kommt. Huay Tong ist dabei keine Ausnahme. In der Regenzeit, ganz links auf dem Bild, sehen wir ein Mädchen auf dem Reisfeld stehen. Das Mädchen trägt ein weißes Kleid. Bei den Karen ist dieses weiße handgewobene Kleidungsstück (hse wa genannt) die typische Tracht für junge unverheiratete Mädchen und Frauen.

Das Mädchen hält ein Bündel Reiskeimlige in den Händen [Siehe Abbildung 1]. Diese werden in der Regenzeit in ganz Thailand – und auch bei den Karen – manuell verpflanzt. In der Zeichnung sehen wir ein Mädchen alleine in ihrer besten Festtracht am Reisfeld stehen. Diese idealisierte Darstellung täuscht über die realen Bedingungen der Keimlingsverpflanzung hinweg. In der Tat, das Verpflanzen der Keimlinge habe ich als eine sehr anstrengende Arbeit erfahren bei der man sich im schlammigen Reisfeld schmutzig macht. Blutegel setzen sich fest, vor allem wenn man sich wie die viele Karen keine Gummistiefel für die Arbeit im nassen Feld leisten kann. Normalerweise hilft die ganze Dorfgemeinschaft mit, die Keimlinge möglichst rasch zu verpflanzen. Nur so kann eine Ernte in der kalten Jahreszeit gewährleistet werden. Warum kam es zu dieser idealisierten Darstellung eines isolierten Mädchens? Kann die Psychoanalyse hier vielleicht erklärend helfen?

Wir haben schließlich die jungen Menschen auch gebeten, ihren Lebenslauf graphisch darzustellen. Auch hier kam es zu einer idealisierten Darstellung der konkreten Lebensbedingungen.

Diese Zeichnung [siehe Abbildung 5] wurde von zwei 14-jährigen Mädchen durchgeführt. Die beiden waren Freundinnen und kannten einander gut. Der Lebenslauf beginnt in der unteren Hälfte des Bildes und geht von links nach rechts. Zunächst zeigen sich die beiden Mädchen als Kleinkinder. Im Volkschulalter sehen wir sie auf den Ästen eines Mangobaums sitzen – ein beliebtes Versteck für Kinder, die nicht in die Schule gehen wollen. Wir sehen die beiden aufwachsen, am Reisfeld arbeiten und dann in der oberen Hälfte der Zeichnung in die Oberstufe des Gymnasiums gehen. Danach wollte die beiden Mädchen Stewardessen werden und für eine thailändische Fluggesellschaft arbeiten. Tatsächlich, haben sie sich als Stewardessen in thailändischer Kleidung dargestellt und über ihren Köpfen sieht man Flugzeuge fliegen. Als alte Damen sehen sie sich jedoch wieder zurück in ihr Heimatdorf kommen um dort dann auch zu sterben und begraben zu werden.

Nachdem die Kinder und Jugendlichen ihre Zeichnungen zu Papier gebracht hatten, haben wir sie eingeladen ihre Zeichnungen allen Teilnehmern vorzustellen. Dafür haben sich auch alle entschieden. Die daraus entstandenen Diskussionen haben uns geholfen, die Zeichnungen der jungen Leute besser zu verstehen und Nachfragen zu stellen. Wir haben auch um Erlaubnis gebeten, die Zeichnungen zu behalten und für die Forschung zu verwenden. Die Forschungsassistenten und ich haben jedes Mal am Abend und am Folgetag die Zeichnungen und den Forschungsablauf im Detail besprochen.

Natürlich werfen partizipative Forschungsmethoden forschungsethische Fragen auf. Zunächst stellt sich die Frage wie sehr alle Beteiligten tatsächlich auch partizipativ handeln. Inwieweit kann und soll Forschungskontrolle an Forschungsteilnehmer abgegeben werden? In meiner Erfahrung bei den Karen in Thailand war es wichtig, den Kindern und Jugendlichen Richtlinien zu geben und sie behutsam durch den Forschungsprozess zu leiten. Eine komplette Übergabe der Forschungsleitung hätte die jungen Leute verwirrt. Anstatt jedoch genaue Vorgaben bezüglich der Art und Weise von Zeichnungen und des Ablaufs von Gruppenarbeit zu geben, haben wir es den Mädchen und Buben überlassen sich diesbezüglich zu organisieren. Die partizipative Forschung ist häufig, so wie in meinem Fall, offen und kreativ. Das war hilfreich während meiner Feldforschung zu Übergängen im Leben von Kindern und Jugendlichen beim Volksstamm der Karen in Thailand. Man könnte sich fragen, ob sich die Methode denn auch eignet zu „sensibleren“ Themen zu forschen. In meiner Erfahrung kann das nur bejaht werden – 2013 habe ich mit einer Gruppe von Karen-Flüchtlingen aus Burma (jetzt Myanmar) partizipative Forschung zum Thema Flucht und Bildung durchgeführt und in den Zeichnungen auch viel über erlebtes Leid und Schicksalsschläge erfahren. Ich würde mich freuen, von den Erfahrungen anderer mit partizipativen Forschungsmethoden zu hören.  


Bibliography

Boyden, Jo and Ennew, Judith. Children in Focus: A Manual for Participatory. Stockholm: Radda Barnen, 1997.

Chambers, Robert. "The Origins and Practice of Participatory Rural Appraisal." World Development 22, no. 7 (1994): 953-969, http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/0305750X94901414.

Christensen, Pia and Allison James. "Childhood Diversity and Commonality: Some Methodological Insights." In Research with Children: Perspectives and Practices, edited by Pia Christensen and Allison James, 160–178. London and New York: Falmer, 2000.

Crivello, Gina, Laura Camfield, and Martin Woodhead. "How can Children Tell Us about their Wellbeing? Exploring the Potential of Participatory Research Approaches within Young Lives." Social Indicators Research 90, no. 1 (Jan 1, 2009): 51-72, http://www.jstor.org/stable/27734771.

Groundwater-Smith, Susan, Sue Dockett, and Dorothy Bottrell. Participatory Research with Children and Young People. London: SAGE Publications, 2015.

Hockley, J. M., Katherine Froggatt, and Katharina Heimerl. Participatory Research in Palliative Care Electronic Resource] : Actions and Reflections. Oxford: Oxford University Press, 2013.

Israel, Barbara A. Methods for Community-Based Participatory Research for Health. 2nd ed. San Francisco: Jossey-Bass, 2012.

Laws, Sophie, Caroline Harper, and Rachel Marcus. Research for Development: A Practical Guide. 1. publ. ed. London [u.a.]: Sage, 2003.


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