IM GESPRĂ„CH MIT
Autor/in: VALERIE MARKO / DWP
In unserer Interviewreihe "im Gespräch mit" stellen wir kurz die AutorInnen der Leitartikel vor.
Damit wollen wir unseren Lesern die Möglichkeit geben, die Leitartikel auch aus einer anderen Perspektive heraus lesen zu können.
Diese Woche freuen wir uns ganz besonders
Valerie Marko aus Wien, Österreich zu begrüßen:
Geboren in Graz. Lebt und arbeitet in Wien. Selbstständige psychotherapeutische Praxis für Psychoanalyse/psychoanalytisch orientierte Psychotherapie in Wien.
Davor psychotherapeutisch tätig an der psychotherapeutischen Ambulanz der Sigmund Freud Privat Universität und bei iwik – Verein zur Verbesserung der Lebensqualität.
Erfahrungen in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen durch die Caritas Einrichtung „Am Himmel“, den Dachverband der Österreichischen Autistenhilfe sowie die Österreichische Diabetikervereinigung.
Ausbildung:
Studium der Psychotherapiewissenschaften an der Sigmund Freud PrivatUniversität Wien.
Abschluss der ersten Diplomprüfung der Internationalen Betriebswirtschaftslehre an der Wirtschaftsuniversität Wien, Österreich.
Wissenschaftliche Arbeiten:
„Der Nestflüchter“ – Die psychoanalytische Betrachtung eines jungen depressiven Mannes
Anorexia Nervosa und religiöses Fasten. Das Krankheitsbild der Magersucht anhand eines Fallbeispiels.
Der Witz als Abwehrmechanismus anhand Wilhelm Buschs „Max und Moritz“
DWP: Was brachte Sie zur Psychoanalyse?Valerie Marko: Mein Interesse und meine Neugierde am Individuum. In der Auseinandersetzung mit meinen eigenen Gefühlen geriet ich in den Bann des Unbewussten und stieß hierbei an meine persönlichen Grenzen. Die Psychoanalyse führte mich auf einen Weg, meine Kreativität, die ich zunächst in der Kunstgeschichte (ver)suchte, auszuleben.
Daher ist es mir ein Anliegen, auch meine Patienten auf diesem Weg der Selbsterkenntnis zu begleiten und ihre Neugierde an der eigenen Geschichte zu wecken.
DWP: Wenn Sie die Gelegenheit zu einem Gespräch mit Sigmund Freud hätten, was würde wohl zum Thema werden. Gibt es konkrete Fragen?Valerie Marko: Hmm, ich denke, mir würden so einige Fragen einfallen, doch sollte man nicht gerade in einem Gespräch mit Freud den Grundregeln der Psychoanalyse folgen und sich der freien Assoziation hingeben!?
DWP: Stoff- oder Ledercouch?Valerie Marko: Stoff.
DWP: Ganz nach Bruno Bettelheim, der auf die Bedeutung vom Märchen hinwies. Verraten Sie uns Ihr Lieblingsmärchen? Und erkennen Sie Parallelen zur Entwicklung Ihres Lebens?Valerie Marko: Max & Moritz – Wilhelms Buschs Werk über die beiden Lausbuben begleitet mich seit meiner frühen Kindheit – auch wenn die Geschichten rund um den Struwwelpeter und Suppenkasper gewaltvoll und so gar nicht als Kindergeschichten geeignet sind. Jahre später habe ich mich in meiner Bakk.-Arbeit mit dem Witz als Abwehrmechanismus anhand von Max und Moritz beschäftigt. Nicht nur, dass ich an psychoanalytischem Wissen dazu lernen konnte, auch das Lesen von Freuds „Der Witz und seine Beziehung zum Unbewussten“ haben das eine oder andere Mal ein Schmunzeln auf meine Lippen gebracht.
DWP: Ich träume…..Valerie Marko: ... so wie wir alle träumen, uns nur nicht immer daran erinnern können. Es ist schön, wenn es mir gelingt, ein Souvenir aus meiner Traumwelt mit in mein Bewusstsein zu nehmen.
DWP: Was finden Sie an der Psychoanalyse gut bzw. besonders gut und gibt es etwas was Sie an ihr nicht mögen?Valerie Marko: Die Vorlesungen und Seminare an der SFU Wien vermittelten mir auf spannende Weise theoretisches Wissen, doch der Abschluss des psychotherapeutischen Studiums bedeutet erst den Anfang einer längeren Reise: Die Entwicklung einer, für einen selbst, geeigneten Technik. Hierzu fällt mir Zitat von Cremerius ein, welcher den ausgebildeten Analytiker auf amüsante Weise wie folgt beschreibt: „Das Ende dieses Studiums ist, daß er tiefe Einsichten in das Wesen der psychoanalytischen Therapie gewonnen hat, die einzelnen Elemente begriffen und in ihrer Bedeutung verstanden hat ... Aber es sind nur Teile – er sieht nicht, wie sie miteinander verbunden funktionieren. Es ist, als ob man einen Automotor in Teilen vor sich hätte und daraus einen funktionierenden Motor bauen sollte. Darüber hinaus stammen die Teile, die er vorfindet, von Motorentypen verschiedener Baujahre.“
(Cremerius J., 2008, S. 173)Mit der Entscheidung, mich auf die Spuren des Unbewussten zu begeben, entschied ich mich für eine lange und spannende Reise. Es sind die Individualität und das Individuum, welche den therapeutischen Prozess von Patient zu Patient so einzigartig gestalten. Das Ziel dabei ist nicht die Heilung, sondern die Fähigkeit, den eigenen Wünschen zu folgen, der Realität gerecht zu werden und den Rahmen des Möglichen auszudehnen: Ganz im Sinne Freuds, eine Arbeits-, Liebes- und Genussfähigkeit zu erreichen. Dies bedeutet nicht nur das Freiwerden von Symptomen, sondern eine Freiheit, die es uns erlaubt, uns selbst und in Beziehung zu anderen autonomer zu erleben.
Im Laufe meiner Ausbildung musste ich jedoch auch erleben, wie psychoanalytische Institutionen einander oftmals mit Abneigung gegenübertreten, anstatt gemeinsam eine Weiterentwicklung der Psychoanalyse zu fördern – eine Entwicklung, die es, meinerseits, zu mindern gilt, um offener im Umgang miteinander zu werden.
DWP: Welchen Herausforderungen mussten Sie sich während Ihrer analytischen Ausbildung stellen?Valerie Marko: Zum einen, die intensive Begegnung mit mir selbst, die Fähigkeit, mit den eigenen Gefühlen zu arbeiten und diese in einen gemeinsamen Prozess mit den Patienten einzubeziehen.
Zum anderen, als mich anfangs Patienten aufsuchten, die mit dem Verfahren der Psychoanalyse nicht zurechtkamen: Zu Beginn meiner therapeutischen Tätigkeiten waren dies vorwiegend Menschen mit schweren strukturellen Störungen, geminderten Intelligenzquotient oder einem geringeren Reflexionsvermögen – die klassische psychoanalytische Arbeit kann hier nur schwer angewandt werden.
Die, von Freund und anderen großen Analytikern, geschilderten Patienten sind nicht mit jenen von heute zu vergleichen. Das psychoanalytische Verfahren muss auf eine breitere Indikationsbasis gebracht werden, denn nicht alle oder gar nur sehr wenige Patienten, kommen aus höheren sozialen Schichten, weisen einen Hochschulabschluss auf und besitzen zudem das nötige „Kleingeld“ um eine hochfrequente Analyse machen zu können. Es gibt aber keine un-analysierbaren Patienten, es bedarf “lediglich” einer geübten und vor allem geeigneten Technik.
DWP: Haben Sie ein Lieblingszitat von Freud?Valerie Marko: „Ich sagte Ihnen, die Psychoanalyse begann als eine Therapie, aber nicht als Therapie wollte ich sie Ihrem Interesse empfehlen, sondern wegen ihres Wahrheitsgehalts, wegen der Aufschlüsse, die sie uns gibt über das, was dem Menschen am nächsten geht, sein eigenes Wesen, und wegen der Zusammenhänge, die sie zwischen den verschiedensten seiner Betätigungen aufdeckt.“
(Neue Folge der Vorlesungen zur Einführung in die Psychoanalyse, 1933) DWP: Außer Sigmund Freud, gibt es Psychoanalytiker mit denen Sie sich auch gerne auseinandersetzen?Valerie Marko: Es gibt so viele! Anita Eckstaedt, Ralph Greenson, Otto Kernberg, Melanie Klein, Jürgen Meltzer, Stavros Mentzos, Otto Rank … Nunmehr lese ich quer, einmal hier, einmal da, je nachdem, wo mich mein Interesse hinzieht oder an welchem Punkt ich gerade mit einem Patienten (an)stehe.
Herzlichen Dank für dieses Gespräch, wir freuen uns bereits jetzt Alle auf Ihren Leitartikel!
Kontakdaten der Autorin:
Valerie Marko