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Leitartikel


DER WIENER PSYCHOANALYTIKER möchte nicht nur bereits international etablierten Psychoanalytikern/Innen, sondern auch noch unbekannten Psychoanalytikern/Innen die Gelegenheit geben einen selbstverfassten, bisher noch nicht publizierten Artikel auf der Titelseite unseres Onlinemagazins zu posten!

Im Forum werden dann dazu alle User Stellung nehmen, Fragen formulieren und kommentieren können. Wir wollen dadurch einen bisher so noch nicht dagewesenen, internationalen Gedankenaustausch zwischen Psychoanalyse-Interessierten ermöglichen.
Aktuelle Textsprache ist Deutsch und/oder Englisch.

Bei Interesse, Ihre Zusendungen bitte an:
leitartikel@derwienerpsychoanalytiker.at


(Werden Personenbezeichnungen aus Gründen der besseren Lesbarkeit lediglich in der männlichen oder weiblichen Form verwendet, so schließt dies das jeweils andere Geschlecht mit ein.)

IM GESPRĂ„CH MIT

Autor/in: CHRISTFRIED TĂ–GEL / DWP

(16.03.2016)
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In unserer Interviewreihe "im Gespräch mit" stellen wir kurz die Autoren der Leitartikel vor.
Damit wollen wir unseren Usern die Möglichkeit geben, die Leitartikel auch aus einer anderen Perspektive heraus lesen zu können.


Diese Woche freuen wir uns ganz besonders Christfried Tögel aus Lausanne, Schweiz zu begrüßen:

-) Geboren am 4. September 1953 in Leipzig; seit 1978 verheiratet mit Prof. Dr. Dr. Ginka Tögel; eine Tochter.
-) Publikationen zur Wissenschaftsgeschichte und Wissenschaftstheorie, Herausgeber mehrerer Editionen von Briefen Sigmund Freuds und Verfasser mehrerer Bücher über Traumforschung und zur Freud-Biographik (in acht Sprachen übersetzt)
-) Nach dem Studium der Klinischen Psychologie an der Humboldt-Universität zu Berlin und einer beruflichen Tätigkeit als Psychotherapeut an der Nervenklinik der Charité promovierte er 1981 mit dem Thema »Der Traum. Historische, philosophische und empirische Aspekte zum Thema« (Humboldt- Universität Berlin) zum Dr. phil.
-) 1988 habilitierte er mit einer Arbeit zum Thema „Philosophische, historische und wissenschaftstheoretische Aspekte der Entstehung, Entwicklung und Rezeption der klassischen Psychoanalyse” (Humboldt-Universität Berlin).
-) Nach mehreren Jahren an der Bulgarischen Akademie der Wissenschaften in Sofia (Bereich Wissenschaftstheorie und WIssenschaftsgeschichte, zuletzt als Forschungsdirektor des Instituts für Philosophie) ging Tögel 1989 als Humboldt-Stipendiat an das Institut für Geschichte der Medizin in Tübingen (Direktor: Prof. Gerhard Fichtner), wo er zur Geschichte der Psychoanalyse und zur Freud-Biografie forschte.
-) Danach supervidierte er Forschungsprojekte zur Erfassung und Digitalisierung der Archive der Freud-Museen in Wien und London (1991 bis 1994)
-) Von 2000 bis 2015 leitete er das Sigmund-Freud-Zentrum in Uchtspringe / Magdeburg und war von 2003 bis 2015 Direktor des SALUS- Instituts (Magdeburg).
-) Zwischen 1986 und 2015 organisierte er zahlreiche Ausstellungen und Konferenzen zum Thema „Freud” und „Geschichte der Psychoanalyse/ Psychiatrie”.
-) Freuds Enkel Anton Walter Freud hat 1999 über Christfried Tögel gesagt: “I do not know anybody who is better informed about the life of my grandfather, or who knows more about the Psychoanalytical development than he does. It is no exaggeration to say that he is a Freudian Encyclopaedia.”
-) Tögel engagierte sich auch mit seinem Freund Herbert Grönemeyer – der auch die Schirmherrschaft über die von Tögel konzipierte Ausstellung „Dämonen und Neuronen“ zur Geschichte der Psychiatrie übernommen hat – im Rahmen einer Veranstaltungsreihe zum Abbau von Vorurteilen gegenüber der Psychiatrie.
-) Für die ZDF-Reihe Giganten hat Tögel den Film Sigmund Freud – Aufbruch in die Seele wissenschaftlich betreut und die Dreharbeiten in London begleitet. Die Hauptrolle spielte Dietmar Schönherr.
-) Seit 2015 lebt Tögel in Lausanne in der Schweiz.



DWP: Was brachte Sie dazu sich mit der Psychoanalyse zu beschäftigen, beziehungsweise mit Freud und seinen Errungenschaften?

Christfried Tögel: Ich habe über Traumforschung promoviert und da kommt man nicht um Freud herum. Außerdem ist mein Vater Psychotherapeut, so daß ich schon als Kind immer wieder den Namen Freud und Begriffe wie Neurosen, Verdrängung, Unbewußtes und Widerstand aufgeschnappt habe.
 

DWP: Haben Sie sich je einer Psychoanalyse unterzogen?

Christfried Tögel: Nein. Ich habe Psychologie und Philosophie studiert und mich später für Wissenschaftstheorie und Wissenschaftsgeschichte habilitiert.

 
DWP: Wenn Sie die Gelegenheit zu einem Gespräch mit Sigmund Freud hätten, was würde wohl zum Thema werden. Gibt es konkrete Fragen?

Christfried Tögel: Seine Meinung zu den modernen Neurowissenschaften. Eine Frage könnte lauten, ob er mit folgender Bemerkung aus dem „Abriß der Psychoanalyse“ an die modernen Psychopharmaka gedacht hat:

„Die Zukunft mag uns lehren, mit besonderen chemischen Stoffen die Energiemengen und deren Verteilungen im seelischen Apparat direkt zu beeinflussen. Vielleicht ergeben sich noch ungeahnte andere Möglichkeiten der Therapie […]“
 

DWP: Stoff- oder Ledercouch?

Christfried Tögel: Freud hatte einen Teppich auf seiner Couch. Deshalb aus Traditionsgründen vielleicht eher Stoff.


DWP: Ganz nach Bruno Bettelheim, der auf die Bedeutung vom Märchen hinwies. Verraten Sie uns Ihr Lieblingsmärchen? Und erkennen Sie Parallelen zur Entwicklung Ihres Lebens?

Christfried Tögel: Aschenputtel. Ich liebe das Happy End - natürlich auch in meinem Leben.

 
DWP: Ich träume…

Christfried Tögel: … so oft wie jeder Mensch. Erinnern tue ich mich nur an besonders einprägsame Träume, die ich mir dann von meiner Frau interpretieren lasse.

 
DWP: Was finden Sie an der Psychoanalyse gut bzw. besonders gut und gibt es etwas was Sie an ihr nicht mögen?

Christfried Tögel: 1923 hat Freud geschrieben: „Psychoanalyse ist der Name 1) eines Verfahrens zur Untersuchung seelischer Vorgänge, welche sonst kaum zugänglich sind; 2) einer Behandlungsmethode neurotischer Störungen, die sich auf diese Untersuchung gründet; 3) einer Reihe von psychologischen, auf solchem Wege gewonnenen Einsichten, die allmählich zu einer neuen wissenschaftlichen Disziplin zusammenwachsen.“ (Handwörterbuch der Sexualwissenschaft).
Mich interessiert besonders Punkt 3. Dabei fasziniert mich die Entwicklung der Ansichten Freuds in den ersten 20 Jahren seiner wissenschaftlichen Laufbahn: Was und wer hat ihn beeinflußt, warum hat er ein Thema aufgegeben und sich einem neuen zugewandt, gab es inhaltliche und methodischen Brüche?
Von Freuds psychoanalytischen Theorien und Hypothesen gefällt mir besonders seine Auffassung der Fehlleistungen.
Mir gefällt nicht, daß er an der Vererbung erworbener Eigenschaften festhielt.


DWP: Haben Sie ein Lieblingszitat von Freud?

Christfried Tögel: „Die Stimme des Intellekts ist leise, aber sie ruht nicht, ehe sie sich Gehör geschafft hat.“ (Die Zukunft einer Illusion)


DWP: Außer Sigmund Freud, gibt es andere Psychoanalytiker mit denen Sie sich auch gerne auseinandersetzen?

Christfried Tögel: Nein.


Herzlichen Dank für dieses Gespräch, wir freuen uns bereits jetzt Alle auf Ihren Leitartikel!



Kontakdaten des Autors:
Christfried Tögel


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