IM GESPRÄCH MIT
Autor/in: KAMIAR-K. RUECKERT / DWP
In unserer Interviewreihe "im Gespräch mit" stellen wir kurz die Autoren der Leitartikel vor. Damit wollen wir unseren Usern die Möglichkeit geben, die Leitartikel auch aus einer anderen Perspektive heraus lesen zu können.
Diese Woche freuen wir uns ganz besonders
Kamiar-K. Rueckert aus Riga, Lettland zu begrüßen.
Er ist Medizinstudent im letzten Jahr. 2016 gründete er
www.psgriga.org, um Studenten einen Einblick in Emotionen in der medizinischen Versorgung und psychosomatischen Konzepten zu schaffen. Er mag Humus, kontinentale Philosophie, geräucherte Blutwurst und Lyric. Seine bisherigen Artikel sind im bilingualen Studentenmagazin
semperanticus.lv und im amerikanischen Magazin
in-training.org veröffentlicht.
DWP: Was brachte Sie dazu sich mit der Psychoanalyse zu beschäftigen, beziehungsweise mit Freud und seinen Errungenschaften? Kamiar-K. Rueckert: Ich erinnere mich an Abendessen mit meiner Familie, während denen meine Mutter, damals Assistenzärztin in der Psychiatrie, aus ihrem Arbeitsalltag erzählte. Ohne die Terminologie zu kennen, interessierte ich mich für Motivation, Verlangen, Trauma und das Unbewusste. Einige Jahre später fand ich ein Buch über Freuds Theorien. Freud und die Psychoanalyse boten mir eine erste konkludente Erklärung für diese Themen.
DWP: Haben Sie sich je einer Psychoanalyse unterzogen? Kamiar-K. Rueckert: Leider noch nicht. Nach meinem Abschluss werde ich mich im nächsten Jahr an einem Psychoanalytischen Institut in Deutschland bewerben und hoffe meine Lehranalyse beginnen zu können.
DWP: Wenn Sie die Gelegenheit zu einem Gespräch mit Sigmund Freud hätten, was würde wohl zum Thema werden? Gibt es konkrete Fragen?Kamiar-K. Rueckert: Vermutlich würde ich über Kunst und Massenpsychologie sprechen. Das Interesse der Psychoanalyse scheint überwiegend fasziniert zu sein mit Diktatoren und deren Aufstieg, zumindest erscheint es mir so. Was wären Freuds Ideen zu Nordkorea und der Sowjetunion? Was passiert mit Menschen, ihrem Unbewussten und ihren Träumen, wenn sie in einer selbst ausgerufenen Utopie leben?
DWP: Stoff- oder Ledercouch?Kamiar-K. Rueckert: Ledercouch.
DWP: Bruno Bettelheim wies auf die Bedeutung vom Märchen hin. Verraten Sie uns Ihr Lieblingsmärchen? Und erkennen Sie Parallelen zur Entwicklung Ihres Lebens? Kamiar-K. Rueckert: Grimms Märchen habe ich fast vergessen, jedoch erinnere ich mich an die deutsche „Nibelungen Sage“ und an die persische Sage „Rostam“ aus der „Schāhnāme“. Die Kampfszenen sind lebendiger als die Liebesszenen. Ich erkenne Parallelen.
DWP: Ich träume ...Kamiar-K. Rueckert: Aktuell drehen sich meine Träume um das Thema der Migration und den Wunsch nach Deutschland zurückzukehren.
DWP: Was finden Sie an der Psychoanalyse gut bzw. besonders gut und gibt es etwas, was Sie an ihr nicht mögen? Kamiar-K. Rueckert: Bis heute fasziniert mich, dass diese Institution trotz der täglichen Abwehr der Gesellschaft überlebt. Ich würde Psychoanalyse gerne in der Universität angesiedelt sehen. Besonders an der medizinischen Fakultät. Der Zugang sollte nicht exklusiv an Institute gebunden sein.
DWP: Haben Sie ein Lieblingszitat von Freud?
Kamiar-K. Rueckert: Es kann im Sigmund-Freud-Park in Wien gefunden werden. Auch wenn mir das vollständige Zitat besser gefällt, ist ein Stein mit dieser Botschaft eine natürliche Schönheit:
"Die Stimme des Intellekts ist leise"
DWP: Außer Sigmund Freud, gibt es Psychoanalytiker mit denen Sie sich auch gerne auseinandersetzen?
Kamiar-K. Rueckert: Ich habe in den letzten Jahren Lacan, Klein, Winnicott, Kernberg und McWilliams gelesen. Mit Ausnahme der letzten beiden Autoren, vermisse ich ein akademisches Umfeld, um mein Wissen zu vertiefen.
Herzlichen Dank für dieses Gespräch, wir freuen uns bereits jetzt Alle auf Ihren Leitartikel!