A A A A
Wien, 15.01.2025, 23:21   DEUTSCH / ENGLISH




Angemeldet bleiben



Couchgeflüster

Fragen Sie unsere Psychoanalytikerin!

Fragen Sie unsere Psychoanalytikerin!

Wir freuen uns, den Start unserer neuen Kolumne "Couchgeflüster" mit der Psychoanalytikerin Michaela Heger bekannt geben zu dürfen, im Rahmen dessen LeserInnen Fragen einreichen können, um professionellen Rat zu erhalten. Gerne können Sie sich sowohl mit Fachfragen als auch mit persönlichen Anliegen an uns wenden. Mag. Michaela Heger-Holeschofsky wird Ihre Fragen, einschließlich jener, die von Kindern und Jugendlichen gestellt werden, nach bestem Wissen beantworten. Das Ziel der Kolumne ist, die Psychoanalyse einem breiteren, psychoanalytisch interessierten Publikum näherzubringen. Wir freuen uns auf Ihre Einreichungen! 
Schreiben Sie einfach an office@derwienerpsychoanalytiker.at



LESERBRIEF
an Mag. Heger-Holeschofsky vom 28.01.2019

Sehr geehrte Frau Mag. Heger-Holeschofsky!

Wie gehen Psychoanalytiker, und Therapeuten allgemein, mit Übertragung und Gegenübertragung um? Wie beeinflusst sie den therapeutischen Prozess?

Vielen Dank.
Peter K.,31, aus Zürich, Schweiz)


ANTWORT:

Übertragung und Gegenübertragung sind wichtige Elemente im psychoanalytischen Prozess. Durch die Übertragung zeigen sich die Konflikte des/der PatientIn, durch die Gegenübertragung reagiert der Therapeut mit seinen eigenen Gefühlen und Erwartungen auf diese Übertragung. Durch die Deutung der Gegenübertragungsgefühle bringt sich der Therapeut mehr ein und die Beziehungsebene in der Therapie wird gestärkt. Natürlich gibt es ein gewisses Risiko seine eigenen Gefühle als Therapeut einzubringen, da man die neutrale Position verlässt. Da in der Psychotherapie/Psychoanalyse aber die zwischenmenschlichen Beziehungen des Patienten umfangreich betrachtet werden, ist eine direkte Auseinandersetzung mit der Gegenübertragung ein wichtiger Teil der Psychotherapie.  Dadurch kann der Patientin seine Konflikte durcharbeiten. Bevor der Therapeut seine Gegenübertragungsgefühle in die Therapie einbringen kann, sollte ein gewisses Fundament zwischen Patient und Therapeut bestehen, damit die Deutung auch angenommen werden kann. Man muss ein Gefühl dafür entwickeln wann Gegenübertragungsdeutungen wichtig sind und wann der Patient zum Beispiel überfordert damit wäre. Vielleicht ist man hier als Therapeut am Anfang seiner psychotherapeutischen Laufbahn daher eher etwas zurückhaltender mit dieser Art von Deutung. Jedenfalls ist es immer wichtig seine Gegenübertragungsgefühle und die Übertragung des Patienten wahrzunehmen und als Material in die Psychotherapie einfließen zu lassen.



LESERBRIEF
vom 31.08.2018:

Sehr geehrte Frau Heger,

meine Nachricht bzw. Frage richtet sich im Rahmen der Reihe "Couchgeflüster- der Wiener Psychoanalytiker" an Sie.

Ich bin weiblich, 34, verheiratet. Seit meiner Jugend habe ich erregende sexuelle Fantasien, in denen ich von einem, teils auch von mehreren Männern vergewaltigt werde- was mich in meinen Träumen, teils auch Tagträumen beschäftigt. Teilweise befriedige ich mich dazu selbst, oft auch wenig rücksichtsvoll. Wenn ich den Ablauf durchdenke, finde ich das abstoßend und nicht nachvollziehbar. Sein lassen, oder einen anderen Film in meinem Kopf entwerfen kann ich jedoch nicht. In meinem realen Sexualleben geht diese Vorliebe nun nicht so weit, dennoch erregt es mich eher gedemütigt zu werden als Kuschelsex zu haben.

Vielleicht sollte ich noch erwähnen, dass ich in einem gewalttätigen Elternhaus aufgewachsen bin, seitens meiner Mutter lagen Zärtlichkeiten sowie Gewalttätigkeiten sehr nah beieinander. Was die gelebte Sexualität zu Hause betraf habe ich als Kind (zu) viel mitbekommen, was ich als abstoßend empfand, wohl auch ein Grund weshalb ich meine erste Beziehung erst Anfang 20 eingehen wollte.
Es wäre für mich ehrlich eine Erleichterung, wenn Sie mir dazu etwas schreiben wollten (auch wenn Sie es nicht veröffentlichen), auch wenn es sehr platt und klischeehaft klingen mag, für mich ist das ein sehr belastendes Thema. (Ich habe eine längere psychoanalytische Behandlung hinter mir (und ich halte sehr viel von der Psychoanalyse), die unglücklich, weil vom Psychoanalytiker abgebrochen, geendet hat, ohne dass ich für mich genau diese Frage beantworten konnte. Für meinen Psychoanalytiker war die Sache einfach klar, nämlich, dass meine Fantasien durch einen sexuellen Missbrauch durch meine Mutter entstanden sind.)

Herzlichen Dank, allein schon fürs Lesen!
MZV (aus Heidelberg, Deutschland)


ANTWORT von Mag. Heger-Holeschofsky:

Sehr geehrte Frau MZV,

vielen Dank für die ausführliche Schilderung ihres Anliegens.

Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass es für sie ein belastendes Thema ist. Diese Gefühle sind mit Sicherheit nicht klischeehaft, da es sich ja um ihr persönliches Empfinden handelt.

Wie sie schreiben, sind sie in einem gewalttätigen Elternhaus aufgewachsen in dem es keine klaren Grenzen gab. Sie haben zu viel mitbekommen, die als abstoßend empfundenen Gefühle richten sie nun gegen sich selbst. Dies zeigt sich in den Vergewaltigungsphantasien, die ihnen Lust bringen, sie aber auch verstören. Dieser Mechanismus ist eine Form diese Erlebnisse zu verarbeiten. Die abgebrochene Analyse sehe ich als offenes Thema und sollte noch bearbeitet werden. Vielleicht können sie sich mit dem Gedanken auseinandersetzen, wieder mit einer Psychoanalyse zu beginnen? Nach der Deutung ihres Psychoanalytikers sind ihre Phantasien durch beinen sexuellen Missbrauch durch ihre Mutter entstanden. Dies ist ein Teil des gesamten Spektrums, auch geht es hier um die generell sexuell aufgeladene Atmosphäre in der sie aufwuchsen. Es sind hier einige Schritte notwendig, damit sie ihre Vergangenheit verarbeiten können und diese als Teil von ihnen in ihr Ich integriert werden kann. Dann ist es vielleicht möglich, daß der Film in ihrem Kopf sich langsam verändern kann.

Sigmund Freud Museum SFU Belvedere 21er haus stuhleck kunsthalle
warda network orange