Die Sucht zu Hungern, ein Leiden, welches zu einer modernen Krankheit heranwuchs, deren lateinische Bezeichnung, Anorexia nervosa, bereits unter Laien bekannt ist, wird immer mehr zu einer Modekrankheit. In Österreich erkranken etwa 200.000 Frauen, zumindest einmal im Laufe ihres Lebens, an einer Essstörung; mindestens 2500 Mädchen und junge Frauen leiden an Anorexia nervosa.
War die Magersucht bis vor einigen Jahrhunderten nur einem elitären Kreis von Ärzten bekannt, gilt sie heute als weit verbreitete psychische Störung, an der vermehrt junge Mädchen und Frauen leiden. Dies ist, zum einen durch das herrschende Schlankheitsideal westlicher Industriestaaten zu erklären, welches einen erheblichen Einfluss auf das Selbstwerterleben junger Mädchen und Frauen ausübt. Zum anderen durch die widersprüchliche Rolle der Frau, mit welcher sie in der heutigen Gesellschaft konfrontiert ist.
Die Anorexia nervosa ist charakterisiert durch eine bewusst hervorgerufene Gewichtsabnahme in Folge extremer Diät oder anderer gewichtsreduzierender Maßnahmen. Der Wunsch, an Gewicht zu verlieren und die ausgeprägte Angst vor einer Gewichtszunahme unterscheiden sie von anderen Formen der Unterernährung. Mit ihr einher geht eine Störung des eigenen Körperbildes: Die Betroffenen haben ein gestörtes Verhältnis zu ihrem Gewicht und ihrer Figur sowie eine veränderte Wahrnehmung der eigenen Körpererscheinung. Durch die Unterernährung treten zudem schwere körperliche Symptome auf.
Hinter dem vordergründigen Nicht-Essen, das auf den ersten Anschein für Außenstehende banal und unverständlich erscheinen mag, stehen unbewusste seelische Konflikte. Dies macht die Anorexia nervosa zu einem komplexen, neurotischen Krankheitsbild, welches sich den eigenen Körper zum Feindbild nimmt....