Wenn ich in das Freiburger Starbucks-Café gehe, sitzen dort immer einige eifrige Medizin-Studenten, die fleißig repetieren, in den Ohren dicke Ohropax. Dann sitzen dort die genialen Autoren, die noch auf die Ernennung zu denselben warten und durch Nasenbohren, exzessiven Kaffeekonsum – der refill kostet ja nur 50 Cent - und häufige Toilettengänge ihre Schreibblockaden zu lösen versuchen. Es gibt in der Regel immer auch einen etwas Asozialen im Raum: Der heimatlose-Psychotiker, der arg riecht, einschläft und dann kurz aufspringt, um seinen Tisch zu verteidigen; der etwas abgehalfterte Hundebesitzer, der sein Felltier rumsträunen lässt, auch an die Tische verschreckter Mütter mit hundehaar-allergischen Kindern; in letzter Zeit eine junge Frau, die alle 5 Minuten einen schrecklichen, durch Mark und Bein gehenden Fluch ausstößt, so dass sich mir unweigerlich Fantasien einstellen, was sie mit den Männern anstellen könnte, denen diese Flüche gelten. An den von den Individualisten freigelassenen Tischen sitzen Paare, Freundinnen oder französische Familien.
Und man kann sich so daran gewöhnt haben, dass es einem nicht mehr auffallen mag: Von denen, die gemeinsam am Tisch sitzen, ist mindestens die Hälfte im Augenblick des Hinblickens mit ihrem Handy beschäftigt: Die junge Frau mit dem strengen Parfümgeruch tippt die ganze Zeit auf ihr I-Phone, zwischendrin beißt sie in ihren Muffin und lächelt dann kurz mit vollem Mund ihrem männlichen Gegenüber zu, der etwas lustlos selbst auf seinem Handy rumtippt. Da ist das zwanzig-jährige weibliche Zwillingspärchen, von denen jede auf ihr Handy tippt, jede mit Kopfhörern im Ohr. Da ist die französische Familie, Frau, Mann und die pubertierende Tochter: Der Vater streicht über sein I-Phone, offensichtlich etwas im Internet suchend, die Tochter tippt etwas in ihr Handy ein, die Mutter kontrolliert ihre Schminke im Handyspiegel.
Ein Gespräch ohne Seitenblick auf das Handy ist im Mikrokosmos des Starbucks eine Rarität. Dass es sich hier nicht um ein Artefakt eines Unterschicht-Nischen-Kosmos handelt, erfährt jeder, der schon einmal jungen Gymnasiasten bei einem Schulausflug im Zug begegnet ist: Er wird feststellen, dass fünfundsiebzig Prozent irgendwie mit ihrem Handy beschäftigt sind....